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Triathlon: Anne Haug und das ständige Streben nach Perfektion

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Triathlon: Anne Haug und das ständige Streben nach Perfektion

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„Gemerkt, dass die Insel leerer ist“

Seit vielen Jahren zählt Anne Haug zu den deutschen Erfolgsgarantinnen im Triathlon. Im SPORT1-Interview spricht die 40-Jährige über ihre ungebrochene Motivation und findet bei sich selbst gar noch Verbesserungspotenzial.
Triathletin Anne Haug gewann beim Iron Man die Silbermedaille. Im SPORT1-Interview spricht sie über ihren Erfolg und ihren Platz als Weltranglisten-Erste im Triathlon.
mhuber
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Bjarne Lassen
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Triathletin Anne Haug glänzte jüngst beim Ironman auf Hawaii mit WM-Silber. Darüber hinaus beendete die 40-Jährige die Saison als Weltranglisten-Erste der Professional Triathletes Organisation.

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Im Interview mit SPORT1 spricht die Weltmeisterin von 2019 über trotzdem noch vorhandene Baustellen und die erfreuliche Entwicklung ihrer Sportart.

SPORT1: Hallo Frau Haug, wie ist es, wenn man so einen Ironman hinter sich hat. Ist man dann am nächsten Tag erstmal komplett K.o. und kann sich gar nicht mehr bewegen oder muss man die Muskeln trotzdem wieder auflockern und in Bewegung bleiben?

Haug: Das kommt ein bisschen darauf an, wie tief man am Wettkampftag selbst schürfen musste. Manchmal hat man so extreme Blasen und Blessuren davongetragen, dass das Bewegen echt schwerfällt. Dieses Mal bin ich gut durchgekommen. Ich konnte gleich am nächsten Tag locker schwimmen gehen und dann steht ja meistens schon die Heimreise an. Da ist man zwei Tage im Flugzeug unterwegs, da ist nicht viel mit Bewegung. Aber man versucht natürlich schon, sich ein bisschen in Bewegung zu halten - damit man keinen Rost ansetzt, sage ich immer. Allerdings alles unter gesundheitstechnischen Aspekten, nicht auf Zeiten. Eher so, wie man sich gerade fühlt, was einem guttut. Einmal völlig ohne Druck den Körper und Geist nach so einem Wettkampf regenerieren lassen.

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SPORT1: Sie waren nun zum fünften Mal bei der Ironman-WM auf dem Podium. Sie haben auch alle Arten von Edelmetall abgeräumt. Was ist das Besondere, immer wieder dorthin zu gehen und neu anzugreifen? Wie können Sie sich selbst motivieren?

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Haug: Es geht immer darum, eine bessere Performance abzuliefern. Wenn ich so zurückblicke, finde ich es auch faszinierend, dass ich hier jedes Mal eine Medaille erringen konnte. Es sind immerhin auch die Besten der Welt immer am Start. Das ist diese WM, da muss eben alles zusammenpassen. Meine Motivation ist es, jedes Jahr immer eine bessere Athletin zu werden. Ob ich es immer wieder auf das Podium schaffe, weiß ich nicht, aber ich weiß, dass ich es beeinflussen kann. Ich sehe noch sehr viele Baustellen, an denen ich gerne arbeiten möchte, um insgesamt eine bessere Athletin zu werden. Das motiviert mich jeden Tag und ist das, was mich aus dem Bett treibt.

Das Alter ist wirklich nur eine Zahl

SPORT1: Das ist sehr beeindruckend. Sie werden im Januar immerhin 41 Jahre alt und gehören damit zu den…

Haug: ... ja, zum alten Eisen. (lacht)

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Anne Haug holte in Hawaii WM-Silber
Anne Haug holte in Hawaii WM-Silber

SPORT1: Ist da bereits ein Gedanke an ein Karriereende vorhanden oder sprühen Sie noch so voller Elan, dass so etwas nicht im Kopf ist?

Haug: Nein, ich glaube wirklich, dass Alter nur eine Zahl ist und das einzig entscheidende ist, wie man sich selbst motivieren kann, ob du jedes Jahr aufs Neue gewillt bist, an dir zu arbeiten und immer besser werden zu wollen. Ich denke, solange sich die Arbeit, die ich hereinstecke, in Leistung auszahlt, mache ich das auch. Ich sehe noch Verbesserungspotenzial. Meine Leistungskurve geht nach oben, ich bin immer noch eine der Weltbesten, da sehe ich keinen Grund, warum ich aufhören sollte. Wenn man stets gewillt ist, sich zu verbessern, dann ist das Alter nur eine Zahl.

SPORT1: Sie haben gesagt, dass es immer etwas zu verbessern gibt. Wo sehen Sie noch am ehesten Verbesserungspotenzial?

Haug: Ich sehe eigentlich in jeder Disziplin Verbesserungspotenzial. Gerade im Schwimmen möchte ich nochmal neue Reize setzen und vielleicht nochmal über die Technik schauen. Es wird immer wichtiger, wie du aus dem Wasser kommst, da die Leistungsdichte immer höher wird. Man muss schon beim Schwimmen versuchen, vorne mit dabei zu sein, um am Ende auf dem Treppchen zu stehen. Von daher möchte ich hier den Fokus setzen, aber ich möchte auch schneller Rad fahren und laufen. Triathlon ist eben nicht nur Schwimmen, Radfahren und Laufen. Triathlon ist eine komplexe Sportart, da glaube ich, dass es noch viel zu holen gibt. Man kann noch an der Aerodynamik arbeiten, es gibt immer Baustellen. Man strebt immer nach Perfektion, auch in der Gewissheit, dass man diese nie erreichen wird. Aber gerade das ist die Faszination, dass man immer etwas findet, an dem man noch arbeiten kann und möchte.

„Ein Bonbon am Ende der Saison“

SPORT1: Sie sind den neuen Streckenrekord gelaufen und als Erstplatzierte der Weltrangliste in die Pause gegangen ...

Haug: Das ist natürlich schon toll. Gerade nochmal nach Hawaii zu erfahren, dass man die Weltrangliste wieder anführt, ist natürlich mehr als nur ein Bonbon am Ende der Saison. Es reflektiert nicht nur ein Rennen im Jahr, sondern eine gesamte Saison. Um am Ende des Jahres ganz oben zu stehen, musst du eben in jedem Rennen gut sein. Nicht nur auf der Ironman-Distanz, sondern eben auch auf den Unterdistanzen, wie Mitteldistanz und PTO und vor allem bei den stark besetzten Rennen. Das zeigt einfach die Konstanz über das gesamte Jahr und das ist mir genauso wichtig wie eine Einzelmedaille bei der WM.

SPORT1: Ihr Trainer hat gesagt, dass Sie auf dem Rad eher nach Gefühl und nicht nach Wattwerten fahren, wie es die meisten anderen machen. Warum?

Haug: Ich verlasse mich einfach am liebsten auf mein Körpergefühl, weil ich immer denke, ich bekomme Super-Power und möchte mich nicht von irgendwelchen Wattzahlen ablenken lassen. So ein Rennen ist sehr lang, es dauert zwischen 4:30 und 4:40 Stunden. Da hat man immer Phasen, wo es ein bisschen besser läuft und Phasen, wo es ein bisschen schlechter läuft. Ich glaube, mit den Jahren entwickelt man da ein Körpergefühl. Wenn ich an dem Tag nur zehn Watt weniger fahren kann, möchte ich mich davon nicht runterziehen lassen. Wenn ich zu viel Watt trete, will ich auch nicht denken, dass ich gleich einbreche.

Neues Format? „Schon ein bisschen komisch“

SPORT1: Es war in diesem Jahr erstmals der Fall, dass Frauen und Männer getrennt das Rennen absolviert haben. Die Männer waren in Nizza, die Frauen auf Hawaii - nächstes Jahr ist es andersherum. Was sagen Sie zu dieser Neuerung?

Haug: Für mein eigenes Rennen beeinflusst mich das natürlich nicht. Du bereitest dich auf deinen Wettkampf vor und ziehst den durch. Aber im Vorfeld hat man natürlich schon gemerkt, dass die Insel leerer ist. Es waren lauter Frauen auf der Insel. Es war schon ein bisschen komisch, aber der Vorteil ist natürlich, dass mehr Fokus auf dem einzelnen Rennen liegt. Wenn wir am selben Tag starten, ist doch immer eine Kamera bei den Jungs und eine bei den Mädels, da wird nie das komplette Renngeschehen abgebildet. Wenn der Fokus auf einem Rennen liegt, kann man auch abbilden, was hinten im Feld passiert. Ich glaube, dass der Zuschauer dann einen besseren Überblick über das gesamte Rennen hat. Das ist schon toll, aber ich glaube, im Endeffekt würde sich jeder freuen, wenn wir an einem Wochenende einen Tag Männer und einen Tag Frauen haben und trotzdem am gleichen Ort sind. Das würde allen gefallen.

Anne Haug belegte beim Hawaii-Ironman 2023 den zweiten Platz
Anne Haug belegte beim Hawaii-Ironman 2023 den zweiten Platz

SPORT1: Gewissermaßen ist es auch positive Werbung, wenn der Fokus nur auf dem Frauenrennen liegt. Laura Philipp wurde jetzt Dritte. Schon in den letzten Jahren gab es einige Erfolge. Wo steht der deutsche Triathlon-Sport?

Haug: Die letzten Jahre wurden sehr von unseren Männern dominiert. Sie waren einfach Weltspitze, haben so toll die ersten drei Plätze bei den Weltmeisterschaften belegt. Und jetzt ist es so, dass Sebastian Kienle und Jan Frodeno aufgehört haben. Wir sind im Frauenbereich gut aufgestellt. Das ist mega für den deutschen Triathlon. Ich glaube auch, dass durch die Konkurrenz gute Qualität entsteht und vielleicht mehr Leute den Einstieg finden, wenn die Deutschen gut sind. Das ist natürlich auch unser Ziel, andere Leute für diesen tollen Sport zu inspirieren. Wo Qualität ist, kommt auch irgendwann Quantität und das ist natürlich schon schön.

Ironman bei Olympia? Darum ist es schwierig

SPORT1: Bei Olympia ist nur die Kurzdisziplin dabei. Bedauern Sie das?

Haug: Olympia ist immer noch das Größte und ich glaube, es könnte schwierig werden, die Ironman-Distanz auf Olympia übertragen zu können. Es ist zu zeitintensiv und das macht es eben auch besonders, dass die Kurzdistanz olympisch ist. Es war eine ganz tolle Zeit bei mir. Das war meine erste Karriere, jetzt habe ich die Langdistanz-Karriere. Nichtsdestotrotz ist Olympia immer etwas ganz Besonderes in meinem Leben, das Highlight einer Sportkarriere. Diese Zeit möchte ich auf keinen Fall missen.

SPORT1: Würden Sie grundsätzlich etwas am Triathlon oder auch am Ironman verändern?

Haug: Ich finde es cool, dass es jetzt noch die neue 100-Kilometer-Distanz gibt. Im Triathlon tut sich einfach wahnsinnig viel. Es ist eine junge Sportart. Ab nächstem Jahr auch mit der neuen PTO-Serie, mit der neuen Ironman-Serie. Es gibt ganz viele Formate, auch die Challenge-Serie. Es ist gerade eine tolle Zeit Triathletin zu sein, weil viele Möglichkeiten bestehen und wir viele Chancen haben, Rennen zu absolvieren. Ich bin froh, noch ein Teil davon sein zu können und glaube, es warten richtig gute Zeiten auf uns.