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Deutscher Teenager verblüfft vom eigenen Quantensprung

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Deutscher Teenager verblüfft vom eigenen Quantensprung

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Verblüfft vom eigenen Quantensprung

Rosina Schneider ist eine der größten Hoffnungen in der deutschen Leichtathletik. Nach ihren Erfolgen im Jugendbereich will die 19-Jährige nun auch bei den Erwachsenen durchstarten. Bei SPORT1 spricht sie über ihr sensationelles Jahr 2023, den Traum von Olympia und die umstrittenen Nike-Outfits.
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Johannes Fischer
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Im vergangenen Spätsommer gab die deutsche Leichtathletik ein Bild des Jammers ab, als bei der Weltmeisterschaft in Budapest kein(e) einzige(r) DLV-Athlet(in) auf dem Treppchen stand.

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Dass es jedoch auch Anzeichen gibt, die für die Zukunft Mut machen, zeigte sich einige Wochen zuvor bei der U20-EM in Jerusalem. In Israel räumte die deutsche Mannschaft 23 Medaillen (acht davon aus Gold) ab und lag in der Nationenwertung ganz vorne.

Eine, die sogar zwei Titel in Israel holte, war Rosina Schneider. Die Athletin vom schwäbischen Verein TV Sulz holte Gold über die 100 Meter Hürden und sicherte sich anschließend auch noch den EM-Sieg mit der 4x100-Meter-Staffel.

Rosina Schneider nach ihrem DM-Titel im vergangenen Februar
Rosina Schneider nach ihrem DM-Titel im vergangenen Februar

Spätestens seit diesen Tagen gilt die 19-Jährige als Ausnahmetalent, was sie auch in der abgelaufenen Hallen-Saison mit dem Triumph bei den Deutschen Meisterschaften über die 60 Meter Hürden eindrucksvoll unter Beweis stellte.

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„Auch privat ging es ziemlich zur Sache“

Auf der Hürdenstrecke, auf der die deutschen Frauen der Weltelite zuletzt meilenweit hinterherhinkten, könnte sich also in den kommenden Jahren wieder eine konkurrenzfähige DLV-Athletin entwickeln.

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Innerhalb von nicht einmal zwei Jahren verbesserte sie ihre Hürden-Bestleistung von 14,69 auf 13,06 Sekunden - ein echter Quantensprung, der sie selbst verblüffte, wie sie im SPORT1-Interview verrät.

Schneider spricht über ihren kometenhaften Aufstieg im vergangenen Jahr, den Traum von den Olympischen Spielen und die knappen Nike-Outfits, die in den USA Aufsehen erregten.

SPORT1: Frau Schneider, Ihr letztes Jahr im Jugendbereich ist fantastisch gelaufen. Wie würden Sie es zusammenfassen?

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Rosina Schneider: Hätte mir vor zwei Jahren einer gesagt ‚Rosina, in zwei Jahren bist du zweifache Europameisterin und mehrfache deutschen Meisterin‘, dann hätte ich das auf keinen Fall geglaubt. Vor allem das letzte Jahr war bei mir richtig spannend, nicht nur sportlich. Neben der sportlichen Erfolge habe ich auch mein Abitur und den Führerschein geschafft, es ging also auch privat ziemlich zur Sache. Und dass dann noch zwei Europameistertitel dazukommen sind, ist natürlich der Hammer. Ich bin froh, dass es so gelaufen ist, weil ich davor relativ lange verletzt war.

„Das hängt mir noch ein bisschen nach“

SPORT1: Sie haben sich 2021 einen Muskelbündelriss zugezogen...

Schneider: Mir wurde erst, als die Verletzung verheilt war, gesagt, dass es ein Muskelbündelriss war. Ich habe es nicht als solchen wahrgenommen, sondern dachte eher an eine Zerrung und habe immer weiter trainiert. Deswegen hat sich alles sehr gezogen. Am meisten zurückgeworfen hat mich die Tatsache, dass es während der Corona-Zeit war. Ich hatte also gleichzeitig Schmerzen in meinem Oberschenkel und konnte in kein Stadion, sondern musste im Wald trainieren.

Rosina Schneider holte den Sieg bei den deutschen Leichtathletik-Hallenmeisterschaften
Rosina Schneider holte den Sieg bei den deutschen Leichtathletik-Hallenmeisterschaften

SPORT1: Inwieweit hat Sie diese Verletzung damals zurückgeworfen?

Schneider: Weil es erst die Anfänge meines Leistungssports waren, hatte ich nicht wirklich etwas zu verlieren. Deswegen konnte es mich gar nicht so zurückwerfen. Ich habe stattdessen die Chance genutzt und gesagt, ‚okay, wenn ich jetzt trainiere, wenn ich das durchhalte, dann kann es nur besser werden‘. Jetzt habe ich im Gewebe noch eine Narbe und muss mich darum kümmern. Ich habe keine Schmerzen, aber das hängt mir manchmal ein bisschen nach.

Olympianorm? „Die Zeit ist schon heftig“

SPORT1: Im Juni findet die Europameisterschaft in Rom statt, dafür müssten Sie 12,98 Sekunden laufen, acht Hundertstel Sekunden unter Ihrer aktuellen Bestleistung. Nehmen Sie sich das bewusst vor oder lassen Sie das auf sich zukommen, um möglichst wenig Druck zu verspüren?

Schneider: Tatsächlich ist es das Zweite. Ich glaube, dass der Druck von außen relativ groß ist, weil jetzt viele auf mich schauen. Ich wurde U-20-Europameisterin und in der Halle Deutsche Meisterin. Trotzdem: Meine Bestzeit ist 13,06 Sekunden und unter 13 Sekunden zu laufen, ist ein Ziel. Wenn damit die EM-Norm eingeschlossen ist, umso besser. Aber ich möchte den Druck für mich selbst so gering wie möglich halten.

SPORT1: Die Olympia-Norm beträgt sogar 12,77 Sekunden. Ist das komplett außer Reichweite oder schielen Sie auch mit einem Auge nach Paris?

Schneider: Wenn ich es dieses Jahr mitnehme, wäre das toll, aber die Zeit ist schon heftig. Das hört sich von außen immer so wenig an, diese drei Zehntel. Aber beim Sprinten ist es dann halt doch eine kleine Welt. Es ist nichts unmöglich, es ist alles möglich, das weiß ich auch. Aber Olympia ist nochmal viel weiter weg als die EM. Ich nehme mir aber auf jeden Fall die Olympischen Spiele in Los Angeles 2028 vor, das ist der Fokus.

Schneider reist zu zwei Olympiasiegern

Christian Taylor holte zwei Olympiasiege im Dreisprung
Christian Taylor holte zwei Olympiasiege im Dreisprung

SPORT1: Jetzt haben Sie ja schon unter anderem mit den Leichtathletik-Größen Christian Taylor (zweimaliger Olympiasieger im Dreisprung 2012 und 2016) und Shelly Ann Fraser Pryce (zweimalige Olympiasiegerin über 100 Meter) trainiert. Können Sie kurz erzählen, wie es dazu kam und was Sie von ihnen lernen konnten?

Schneider: Der Plan war bei mir, nach dem Abi einfach mal in die weite Welt zu reisen. Mein Hürdentrainer Sven Rees hat mir es dann ermöglicht, Christian Taylor in Florida zu besuchen, weil dessen Frau eine frühere Athletin von Sven Rees war. Es war ganz großartig, weil ich sehr herzlich aufgenommen wurde, obwohl sie mich nicht kannten. Eine Woche lang habe ich bei ihnen gewohnt und tolle Erfahrungen gemacht. Christian hat mir Werte vermittelt, etwa wie man mit Druck umgeht, auch in Bezug auf Olympia. Immerhin ist er zweimaliger Olympiasieger. Viele Athleten, die in der Weltspitze unterwegs sind, öffnen sich einem vielleicht nicht so, aber er hat sich komplett geöffnet, und das fand ich richtig schön.

SPORT1: Und wie war es bei Fraser-Pryce?

Schneider: Dass ich zur Trainingsgruppe von Shelly nach Jamaika konnte, wurde über meinen Sponsor Puma organisiert. Da habe ich dann nicht nur vom Mindset her etwas mitgenommen, sondern vor allem auch von den Trainingsmethoden. Das ist wirklich krass. Die sind nicht ohne Grund so schnell, sie trainieren wirklich sechs bis acht Stunden am Tag. Mit Shelley habe ich mich viel unterhalten, auch über Black-and-White-Community, wie das mit Rassismus im Sport ist. Auch von Tatjana Pinto (deutsche Sprinterin, d. R.), die dort aktuell trainiert und mich in die Gruppe eingeführt hat, konnte ich einiges mitnehmen. Ich habe von meiner Trainingsreise auch ein paar Übungen mitgebracht und hoffe, dass ich die in der nächsten Zeit noch anwenden kann.

„Da habe ich mich weggeschmissen“

SPORT1: Wann haben Sie denn das erste Mal gedacht, dass Sie es national bis ganz nach oben schaffen können?

Schneider: Vielleicht war das in der Hallen-Saison letztes Jahr. Da wurde ich Deutsche U-20-Meisterin über die 200 Meter und über die 60 Hürden. So genau kann ich das aber gar nicht sagen, vielleicht auch erst bei der Europameisterschaft im vergangenen Sommer. Das entwickelt sich gerade noch ein bisschen und ist eher ein schleichender Prozess.

SPORT1: Haben Sie einen langfristigen Plan, was Ihre sportliche Zukunft angeht?

Schneider: Ich will auf jeden Fall zu den Olympischen Spielen in Los Angeles, am liebsten ins Finale. Falls es da mit dem Endlauf noch nicht klappt, dann vier Jahre später in Brisbane. Von der Zeit her stelle ich mir langfristig eine 12,50 Sekunden vor. Und wenn ich irgendwann einmal sogar an den deutschen Rekord (12,42 Sekunden von Bettine Jahn/1983) heranlaufen könnte, wäre das toll.

Rosina Schneider bei ihrem U20-EM-Titel über 100m Hürden in Jerusalem
Rosina Schneider (Mitte) bei ihrem U20-EM-Titel über 100m Hürden in Jerusalem

SPORT1: Apropos Olympia: Nike hat kürzlich die Outfits für die Spiele in Paris präsentiert. Vor allem in den USA gab es einige negative Kommentare. Haben Sie sie schon begutachtet?

Schneider: Ja, ich habe sie online gesehen und einige Kommentare gelesen. Da habe ich mich weggeschmissen. Von der Farbgebung finde ich sie schön, aber ich bin mal gespannt, wie sie vom Schnitt ausfallen. Sie sollen ja bei den Frauen sehr knapp sein. In echt habe ich sie noch nicht gesehen, deswegen kann ich es schwer bewerten.