Kampfansagen hört man von Julian Brandt grundsätzlich keine. Auch nicht vor dem Hinspiel von Bayer Leverkusen in der Qualifikation zur Champions League bei Lazio Rom (ab 20.15 Uhr im LIVETICKER).
Über die Königsklasse zu Löw
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"Ich möchte auf meinen Leistungen der vergangenen Saison aufbauen und gesund bleiben", sagte der Matchwinner der Werkself nach seinem Jokertor zum 2:1-Siegtreffer gegen Hoffenheim am Samstag nur. Brandt präsentiert sich bescheiden, zurückhaltend, abwartend.
Trainer Roger Schmidt wird das gerne hören. Denn der weiß natürlich um das Potenzial seines 19 Jahre alten Juwels, das vor gerade einmal acht Wochen offiziell der A-Jugend entwachsen ist, allerdings bereits seit eineinhalb Jahren bei den Profis spielt. Trotzdem baut Schmidt seinen Flügelflitzer behutsam auf.
Schmidt vom großen Potenzial überzeugt
Auf die Frage, wie er die Entwicklung seines Talents sehe, ist der Coach dann auch ein wenig zurückhaltend. "Julian hat in den letzten Jahren schon gezeigt, wie viel Potenzial und Qualität in ihm steckt. Wir sehen es alle als Herausforderung, ihn bestmöglich weiterzuentwickeln", so Schmidt.
Einen kleinen Hänger zum Ende der Vorbereitung habe Brandt gehabt, zuletzt im Training aber auch angedeutet, dass er bereit sei. Alles eine Frage der Einstellung also.
Angebote von Bayern, Dortmund und Chelsea
Und der Youngster hat die richtige Einstellung. Die bewies er bereits, als er sich Ende 2013 trotz hochkarätiger Angebote, unter anderem von Bayern München, Borussia Dortmund und vom FC Chelsea, ausgerechnet für Bayer Leverkusen entschied. Um sich über längere Zeit zu etablieren und in der Mannschaft weiter zu wachsen, wie er betonte.
Dabei hörte er in erster Linie auf sein Bauchgefühl und weniger auf den Lockruf des Geldes: Die ehrlichen Augen von Sportdirektor Rudi Völler seien damals ebenfalls mit ein Grund für den Wechsel vom VfL Wolfsburg zu Bayer gewesen.
Das Herz auf der Zunge
Bei aller Zurückhaltung sagt der 19-Jährige, was er denkt, trägt das Herz auf der Zunge, ist dabei erfrischend ehrlich, gleichzeitig aber auch mit einer Mischung aus Demut und gesundem Selbstbewusstsein versehen.
Sein Vater kümmert sich um die Belange seines Sohnes, der so ganz anders ist als viele andere Talente in seinem Alter. Brandt will im Endeffekt einfach nur Fußball spielen, das Rampenlicht ist nicht so seins, markige Sprüche auch nicht.
Er weiß, was er kann. Und er weiß gleichzeitig auch, was er noch nicht kann.
Zug zum Tor
Mit seiner Schnelligkeit, seiner Stärke im Eins-gegen-Eins und seinem risikoreichen und druckvollen Spiel mit Zug zum Tor passt er ins System von Schmidt, der das Talent behutsam aufbaut und ihn immer wieder mit Einsatzzeiten belohnt.
Verbessert hat der Trainer zuletzt vor allem sein Defensiv-Verhalten. 35 Pflichtspiel-Einsätze waren es schließlich in der vergangenen Saison, dabei gelangen Brandt vier Tore und fünf Vorlagen.
Rückschläge kann er hinter sich lassen. Wie seinen Außenbandriss im Sprunggelenk zu Beginn der vergangenen Saison, der ihn wochenlang zurückwarf. Oder dass er bei der U20-WM im Sommer im Viertelfinale gegen Mali im Elfmeterschießen vom Punkt scheiterte.
Bald schon einer für Joachim Löw?
Abgehakt. Stattdessen geht er nun in seine zweite komplette Bundesliga-Saison. Um den berühmten nächsten Schritt zu machen. Dass ihn die nächsten Schritte vielleicht schon bald in die Nationalmannschaft führen könnten, glaubt auch sein Trainer.
Wenn Brandt weiter so eine gute Entwicklung nehme, habe er das Potenzial dazu, meinte Schmidt zuletzt.
Brandt selbst bleibt da gewohnt zurückhaltend. Der 19-Jährige sagte jüngst, auf die WM 2018 in Russland angesprochen: "Natürlich ist mir bewusst, dass ich in drei Jahren 22 sein werde und dass das ein gutes Alter ist, um da mal mitzuspielen."
Gut möglich, dass es mit der Nationalmannschaft sogar noch schneller geht. Ein entscheidendes Tor in der Königsklassen-Quali in Rom könnte seine Karriere weiter beschleunigen.